Johann David Reinwald (1746-1813) - Schauspieler in Berlin
(Bernd Josef Jansen)
Johann David Reinwald wurde in Berlin geboren und am 4. September 1746 in der dortigen Petrikirche getauft. Sein Vater, der "Fischbein-Rockmacher" und "Galanterie-Arbeiter" Johann Martin Rein(e)wald (* 26. Januar 1705 in Torgau) war zwei Monate vorher am 6. Juli 1746 "an einem Steck und Schlagfluß" gestorben. Von Johann Davids Mutter Anna Sophia Wreden wissen wir nur, dass sie 1742 in St. Petri seinen Vater heiratete.
Als Schauspieler tritt Johann David erstmals 1771 bei der Barzantischen Gesellschaft in Küstrin in Erscheinung. Er debütierte in einem ernsten Fach als Hauptrolle "George Barnwell" im "Kaufmann von London, oder Begebenheiten des George Barnwell". In diesem "Bürgerlichen Trauerspiel" spielt er einen jungen Kaufmannsgehilfen. Ins Gefängnis und damit schließlich an den Galgen gebracht hat den Protagonisten eine femme fatale. Millwood - eine "leichtsinnige Frauensperson" wie uns das Personenverzeichnis informiert - hat den gutgläubigen Jüngling zuerst verführt, dann zum Diebstahl und schließlich zum Mord an seinem reichen Onkel verleitet. Nach dem Mord will sie ihn verstoßen, wird aber von der rechtschaffenen Bürgerschaft - vertreten durch Barnwells Lehrherren Thorowgood - überführt und schließlich ebenso zum Tode verurteilt wie Barnwell selbst. Im letzten Akt nimmt der reumütige junge Mann nach einem für die weitere Entwicklung des bürgerlichen Trauerspiels vorbildlichen und äußerst beliebten Motiv in einer langen Sterbeszene Abschied von seinem Lehrherrn, seinem Freund und Thorowgoods Tochter Maria, die ihm ihre heimliche Liebe gesteht. Barnwell erweist sich damit als der vorbildliche Einzelne, der sich zur bürgerlichen wie christlichen Moral bekennt und seine Strafe als berechtigte Sühne für die Übertretung des bürgerlichen Ehrenkodexes akzeptiert.
1772-1774 spielt er in Stralsund, seit 17. April 1775 am Döbbelin'schen Theater in Berlin, wo er als "Tripp" in "Die Kriegsgefangenen" debütierte. Vom 5. Dezember 1786 bis zu seiner Pensionierung am 1. Juni 1811 spielte er am Königlichen Nationaltheater am Gendarmenmarkt in Berlin, dem heutigen Schauspielhaus.
Reinwald spielte vorzugsweise komische Rollen und verstand es, sich mit denselben die Gunst des Berliner Publikums zu erringen, obgleich er wenig Abwechslung in seine Komik brachte und durch seine schnarrende Stimme oft unsympathisch wirkte. Ein zeitgenössische Kritiker schreibt über ihn:
"Hr. Johann David Reinwald, 1749 zu Berlin gebohren, ist ein anerkannter, vortrefflich komischer Schauspieler. Die Höchste nur erreichbare Einfachkeit sowohl in seinem Spiele, als in seiner Kleidung, befördern die Täuschung bis auf das Äußerste, und machen die Zuschauer oft ganz vergessen, daß sie sich im Schauspielhause befinden. Ohne also irgend durch Impromptus oder mittelmäßige Späschen gefallen zu wollen, ohne nur im Geringsten aus den Schranken eines gesitteten kunstverständigen Schauspielers zu treten, vergnügt er Kenner und Nichtkenner, und entlockt selbst jener Klasse von Menschen, die sonst nur durch Zweideutigkeiten ergötzt werden kann, lauten Beifall, und zieht sie so zu sich hinauf, statt daß andere Schauspieler sich zu ihr hinunter lassen." (Karl Albrecht, Taschenbuch für Theater-Freunde auf das Jahr 1800, Berlin 1799, S. 205f.)
"Einen, in seiner Gattung vorzüglichen, und zu dieser Gattung gestempelten Künstler der alten Bühne verloren wir an dem originellen Komiker Reinwald, in einigen Rollen vorzüglich, in vielen brauchbar, im Ganzen noch unersetzt" (Journal für Literatur, Kunst, Luxus und Mode, Bd 31, Weimar 1816, S. 298).
Reinwalds Privatleben war turbulent. In erster Ehe heiratete er seine Schauspielerkollegin, die Gastwirtstochter Carolina Albertina Wilhelmina Sommer. 1753 oder 1755 wurde diese Berlin geboren und starb am 20. März 1814 in Frankfurt am Main. Carolina ließ sich von ihrem Mann scheiden, heiratete 1777 den Schauspieler, späteren Regisseur und Theaterleiter Johann Ludwig Büchner gen. Renschüb und ging mit diesem nach Gotha (bis 1799), 1779-1781 nach Hamburg (dort Debüt als Lady Macbeth), 1781-1791 nach Mannheim und ab 1792 nach Frankfurt. Als Schauspieler wurde Büchner, ein eher durchschnittlicher Charakterdarsteller und "gesetzter Liebhaber", in künstlerischer Leistung und Popularität von seiner Frau übertroffen, einer Zierde des Mannheimer Theaters, die auch Schiller durch ihr Spiel beeindruckte. Am 1. Mai 1784 schrieb der Dichter aus Frankfurt an Büchner: "Mir ist Angst für die hiesige Lady [Milford]. Ihre Frau hat mich ganz verwöhnt."
Aus einer Beziehung mit Dorothea Neumann ging der uneheliche Sohn Johann Carl August Reinwald hervor, der am 3. Mai 1789 in Berlin geboren wurde. Offensichtlich haben die beiden später geheiratet, denn am 1. Februar 1801 wird die "eheliche Tochter" Juliana Christina Henrietta geboren. Ob Dorothea Neumann starb oder die Ehe geschieden wurde, ist nicht bekannt. Dritte Ehefrau Reinwalds wurde Seraphine Breitenfeld, wann diese Ehe geschlossen wurde, ist ebenfalls nicht bekannt. Eine Tochter Wilhelmine Philippine wird am 2. Juni 1808 geboren. Auch diese Ehe hielt nicht lange, denn schon am 16. Juli 1810 heiratet er die 32jährige Dorothea Breitenfed aus Dresden, Tochtes des "Secretairs bei der Ober-Amts-Regierung". Bei der Trauung wurde angemerkt, dass der Bräutigam geschieden ist und eine "Ehe-Scheidungs-Sentenz" beigebracht hat. Da die dritte und vierte Ehefrau den gleichen Nachnamen tragen, ist davon auszugehen, dass die beiden verwandt waren. Vielleicht waren es Schwestern.
Johann David Reinwald starb am 30. Dezember 1813 in Berlin, im Alter von 67 Jahren. Seine 1801 geborene Tochter Juliana Christina Henrietta, bekannt als Henriette Reinwald (ab 1826 als Henriette Valentini), wurde Opernsängerin und als Schauspielerin Mitglied der Berliner königlichen Hofbühne. Schon mit 14 Jahren wurde sie 1815 an der Königlichen Oper engagiert; gab vornehmlich zweite Partien, sang aber auch größere Partien, z. B. Edile (Joconde) 1818, Pamina (Zauberflöte) 1819, Emeline (Schweizerfamilie) 1820, Zerline (D. Juan, 1820-1828, 15 Mal), Agathe (Freischütz, 1823-1827, 17 Mal) und blieb bis zur Pensionierung 1849 beim Theater. Sie starb am 29. September 1857 in Freienwalde an der Oder. 1826 heiratete sie Prof. Dr. Francesco Cosimo Damiano Valentini, geboren am 27. September 1789 in Rom, gestorben am 15. März 1862 in Berlin. Valentini nahm als Arzt am Russlandfeldzug unter Napoleon teil, war promoviert und königlich preußischer Professor der italienischen Sprache und Literatur in Berlin (1836). Er veröffentlichte von 1831 bis 1836 im Leipziger Johann Ambrosius Barth Verlag ein bedeutendes Italienisch-Deutsches Wörterbuch in vier Bänden.
Auch die 1808 geborene zweite Tochter Philippine ist 1818-1822 als Schauspielerin nachweisbar. Sie spielte in verschiedenen Kinderrollen.
Johann David Reinwald war ein Vetter meines Vorfahren Johannes Reinewald:
Johann Martin Reinewaldt 1684-1728 | ||
_______________________________|_____________________________ | ||
| | | | |
Johann Gottlob Reinewaldt 1706-1784 | Johann Martin Rein(e)wald 1705-1746 | |
| | | | |
Johannes Reinewaldt 1730-1802 | Johann David Reinwald 1746-1813 | |
| | | | |
Anna Gertrud Reinewald 1761-1826 | Juliana Christina Henriette Reinwald 1801-1857 | |
| | oo Prof. Francesco Valentini 1789-1862 | |
Johann Wilhelm Thomas 1787-1844 | ||
| | ||
Barbara Elisabeth Thomas 1828-nach 1885 | ||
| | ||
Theresia Meier 1863-1935 | ||
| | ||
Friedrich Anton Philipps 1887-1959 | ||
| | ||
Josef Anton Philipps 1914-1976 | ||
| | ||
Frieda Philipps 1939 | ||
| | ||
Bernd Josef Jansen 1969 |