DNA-Genealogie

Wer in direkter männlicher Linie mit mir verwandt ist (Onkel, Vettern, Großvettern etc.), mag sich für unsere genetische Herkunft interessieren. Durch einen Gentest des Y-Chromosomes kann die Haplogruppe jedes Mannes bestimmt werden. Da das Y-Chromosom immer nur vom Vater auf den Sohn weitergegeben wird (Frauen besitzen kein Y-Chromosom), kann so die reine väterliche Linie verfolgt werden. Hierbei werden (vereinfacht gesagt) ausgewählte Positionen auf dem Y-Chromosom bestimmt und ermöglichen so eine Einordnung in eine der weltweit etwa 40 verschiedenen Haplotypen. Ein Test meiner DNA ergab die Haplogruppe R1b1 (R-P25) für unsere direkte männliche Ahnenreihe. Die Haplogruppe R1b entstand vor oder während der letzten Eiszeit, als sich die europäische Urbevölkerung wegen der Vereisung großer Teile Nordeuropas im Refugium in Südwesteuropa (Spanien) und in der Ägäis befand. Nach Abschmelzen der Gletscher vor etwa 10.000 - 12.000 Jahren zogen sie erneut nach Norden und besiedelten die vorher vom Eis bedeckten Gebiete neu. R1b ist die häufigste Haplogruppe im Westen Europas, wird aber auch in Nordafrika gefunden, wo ihre Konzentration in einigen Teilen Algeriens 10% übertrifft. Im südöstlichen England liegt die Konzentration von R1b bei ungefähr 70%. In den restlichen Teilen von Nord- und Westengland, in Spanien, Portugal, Wales und Irland, reicht die Konzentration bis 90% und in Teilen des nordwestlichen Irland erreicht sie 98%.

Die Vorfahren der Menschen der Haplogruppe R1b waren also Mitglieder der keltischen Ureuropäer, die schon vor den Indogermanen in Europa lebten und später durch diese teilweise in einige Rückzugsgebiete verdrängt wurden. Die heutigen Nachkommen dieser Ureuropäer sind besonders häufig im Baskenland, in Irland, Schottland und Wales zu finden. Ursprünglich sprachen sie eigene Sprachen wie Baskisch, Walisisch oder Gälisch, die nicht mit den heute in Europa vorherrschenden germanischen und romanischen Sprachen verwandt sind. Die folgende Karte zeigt die Verbreitung der Haplogruppe R1b in Europa und weltweit:

 

 

Mitochondriale DNA - Die 7 Töchter Evas

Die Mitochondriale DNA wird im Gegensatz zum Y-Chromosom nur von der Frau auf die Kinder übertragen, da sie nur in der Eizelle vorkommt. Männer und Frauen besitzen also immer die Mitochondriale DNA der Mutter, aber nur die Mutter überträgt diese an ihre Kinder. Auch hier wird in verschiedene Gruppen unterschieden. Demnach stammen alle heutigen Menschen von nur sieben verschiedenen Frauen ab, die auch "die 7 Töchter Evas" genannt werden. Ein Gentest meiner Mitrochondrialen DNA ergab die Haplotype "H", die entsprechende Urmutter wird "Helena" genannt. Alle Personen, die mit mir eine gemeinsame weibliche Ahnenlinie haben (z.B. meine Geschwister, die Geschwister meiner Mutter, die Geschwister meiner Oma mütterlicherseits sowie die Kinder von deren Schwestern etc.) gehören also ebenfalls zu dieser Gruppe.

Das Alter der einzelnen Linien dieser Haplogruppe variiert stark: In Europa wird das Alter auf 10.000 bis 15.000 Jahre geschätzt, wohingegen es in Asien ungefähr 30.000 Jahre beträgt. Das bedeutet, dass diese Linie während früherer Migrationen aus dem Nahen Osten in dieses Gebiet gelangte. Vor ungefähr 15.000 bis 20.000 Jahren machten die kalten Temperaturen und das trockenere Klima die Lebensbedingungen beinahe unmöglich für den größten Teil der nördlichen Hemisphäre. Frühe EuropäerInnen zogen sich in wärmere Gebiete wie die Iberische Halbinsel, Italien und den Balkan zurück. Die Größe ihrer Populationen wurde drastisch reduziert. Während dieser Zeit in den wärmeren Gebieten bildete sich die neue Haplogruppe H aus der Linie HV. Als die Eiskappen vor 10.000 - 12.000 Jahren zu schmelzen begannen, zogen die EuropäerInnen wieder nordwärts – und brachten die Haplogruppe H mit sich. Heute gehören 40 bis 60 Prozent der EuropäerInnen der Haplogruppe H an. Jeweils ein Viertel bis ein Fünftel der Bevölkerung der Türkei, der Kaukasusregion und Südwestasiens tragen diese Haplogruppe, in Zentralasien sind es etwa 15 Prozent und in Nordasien 5 Prozent. Bekannte Frauen mit der Haplotype H sind z.B. Maria de Medici + 1642, Königin Christina von Schweden + 1689, Kaiserin Maria Theresia von Österreich + 1780, ihre Tochter Königin Marie-Antoinette von Frankreich + 1793, Queen Victoria von England + 1901, Zarin Alexandra von Russland + 1918, Königin Sophia von Spanien * 1938 und Susan Sarandon * 1946, bekannte Männer mit der Haplotype H sind König Ludwig XIV. von Frankreich + 1715, Kaiser Wilhelm II. + 1941 und Prinz Philipp von England * 1921. Die folgende Karten zeigt die Verteilung der Haplogruppe H in Europa und weltweit.